Sonntag, 20. April 2025

    Das Fahren eines Multi-Strategy Ansatzes (siehe auch die Beitragsreihe „Investmentphilosophie“, Teil 3) impliziert, mehrere Strategien kombiniert miteinander zu handeln. Dadurch kann mitunter auch eine Situation entstehen, in der die eine Strategie ein bullisches (Kauf-) Signal generiert, während die andere ein Leerverkaufssignal (auch als Short Selling Signal bezeichnet) erzeugt.

    Eine solche Situation liegt beziehungsweise lag in der verkürzten, abgelaufenen Handelswoche vor.

    NET Countertrend-Kaufsignal

    Zwischen dem 8. und 10. April gab es zwei Kaufsignale, die von der im Buch „Nachhaltig erfolgreich traden“ (NET) beschriebenen Countertrend-Komponente (oder Strategie) generiert wurden; siehe Grafik 1.

    Im Erfolgsfall identifiziert ein NET Countertrend-Signal eine nachhaltige Trendwende am Aktienmarkt (vom Bären- zum Bullenmarkt) für mehrere Monate bis mitunter sogar Jahre. So zuletzt geschehen im Oktober 2022.

    Nicht jedes NET Countertrend-Signal ist jedoch erfolgreich. Im NET Buch (173 ff.) wird daher auch auf die im Vergleich zur Trendfolgeseite geringere Trefferquote hingewiesen.

    In der Vergangenheit blieb in ungefähr der Hälfte der Fälle nach einem Signal eine nachhaltige Trendwende aus und es kam stattdessen lediglich zu einer kurzen Erholung innerhalb des Abwärtstrends.

    Zur Messung der Bewegungen dienen herbei stets die als Repräsentanten des breiten Marktes gewählten Indizes S&P 500 (wie in Grafik 1 gezeigt) und Nasdaq Composite. Die Umsetzung erfolgt in Einzelaktien, die dann in weiteren Schritten selektiert werden, was jedoch nicht Thema dieses Beitrags ist.

    Im Erfolgsfall kann ein Countertrend-Signal sehr profitabel sein, weil direkt dass Tief des Bärenmarktes identifiziert wird. Daher lohnt es sich (beziehungsweise lohnte es sich zumindest in der Vergangenheit) auch die Fehlsignale hinzunehmen.

    Short Selling Signale

    Der Nachteil, den das Ausblenden von Short Selling Signalen hat, liegt auf der Hand:

    Ist ein NET Countertrend-Signal nicht erfolgreich, weil der S&P 500 und der Nasdaq Composite wieder fallen und neue Tiefs erreichen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eine gute Gelegenheit für das Setzen auf fallende Kurse verpasst worden.

    Wie erfolgreich ein NET Countertrend-Signal ist, hängt in erster Linie von der Wahl der Einzelaktien ab, mit denen das Signal umgesetzt wird. Nicht immer bedeutet ein Fallen der den breiten Aktienmarkt repräsentierenden Indizes auch, dass die selektierten (gehandelten) Aktien fallen müssen. Umgekehrter Fall gilt natürlich ebenso.

    Im Short Selling Kurs erörtere ich unter anderem meine Handelsphilosophie in diesem Bereich. Kern der Philosophie für das Setzen auf fallende Kurse ist die Aussage, dass erst nach einer im Abwärtstrend erfolgten Kursrallye eine Einzelaktie oder ein ETF leer verkauft werden darf (Anmerkung: Es gibt dazu eine Ausnahme).

    In den Grafiken 2 und 3 werden Beispiele gezeigt, wie ein solches Setup aussehen kann.

    Die letzten Short Selling Signale entstanden Anfang/Mitte dieser Woche, wurden aber nicht umgesetzt, da es – wie oben beschrieben – wenige Handelstage zuvor Countertrend-Signale gegeben hatte.

    Warum Countertrend-Signale bedeutender sind

    Mein Regelwerk besagt, Countertrend-Kaufsignalen eine höhere Priorität zuzuweisen, als Leerverkaufssignalen. Im NET Buch, Kapitel 9, empfehle ich nicht nur aus diesem Grund, gänzlich auf die Umsetzung von Leerverkaufssignalen im Einzelaktienbereich zu verzichten.

    Auf den ersten Blick scheint die Entscheidung, welcher Signalvariante eine höhere Priorität zugewiesen wird, diskussionswürdig.

    Tatsächlich ist die Antwort aus mathematischer Sicht aber einfach zu finden:

    Aus den obigen Erläuterungen und den Ausführungen im NET Buch geht hervor, dass Countertrend-Signale nur in etwa der Hälfte der Fälle erfolgreich sind. In etwa ein Drittel der Fälle wird ein Wendepunkt identifiziert der für mindestens sechs Monate nicht wieder erreicht wird. Das Potenzial, welches sich nach einem erfolgreichen Einstieg ergeben kann, ist entsprechend hoch. Regelmässig fanden sich in der Vergangenheit auch Einzelaktien, die in der Zeit um zwei- oder sogar dreistellige Prozentpunkte zulegen konnten.

    Auf der Short Selling Seite sieht es hingegen anders aus: Die Gewinne sollten nach deutlichem Kursverfall zeitnah realisiert werden. Auf einen Kollaps der leerverkauften Einzelaktie(n) zu hoffen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Disaster verbunden.

    Ausblick

    An obige Ausführungen und Hintergründe sowie Begründungen gilt es zu denken, sollten wir in den kommenden Handelstagen weiter fallen – beispielsweise weil ein Krieg im Nahen Osten (Militärschlag Israels und den USA gegen den Iran) ausgebrochen ist.

    Faik Giese

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